Als Locationscouts unterwegs


Im Sommer 2025/26 sollen in Rapperswil-Jona die «Green City Days» stattfinden. Dabei sollen Visionen entwickelt werden, wie die Stadt grüner gestaltet werden könnte. Jugendliche des Talent-Campus Zürichsee sind seit ein paar Wochen als Locationscouts unterwegs, um Orte zu dokumentieren, die aus jugendlicher Sicht eine Umnutzung oder Aufwertung verdienen. Eine Zwischenbilanz.

Von Mark Riklin

RAPPERSWIL-JONA – Die Futura des Talent-Campus Zürichsee gründet mit der «Futura Location Scout AG» eine Changemaker-Firma, um im Rahmen der «Green City Days 2025/26» in Rapperswil-Jona einen aktiven Beitrag zu leisten. Als Vorbereitung für die Auftragsklärung in Rapperswil kreiert der hausinterne Adhoc-Grafiker ein eigenes Logo, die Logistik-Abteilung organisiert den Weg zum Büro des Auftraggebers, das Recherche-Team liefert Grundlagenwissen zu den Begriffen «Entsiegelung» und «Schwammstadt», um für das Treffen mit dem Profi gewappnet zu sein.

Auftragsklärung im Coworking Space

Coworking Space H13. Michael Rüegg, seit 2018 selbständiger Architekt, beschreibt die Ausgangslage des Auftrags: Die Stadt Rapperswil-Jona habe noch viel Potenzial für mehr «Grün», die öffentlich zugänglichen Flächen im Zentrum seien mehrheitlich versiegelt, Asphalt und Beton gebe es, soweit das Auge reiche. Und formuliert auf dieser Grundlage seinen Auftrag im Bereich «Stadtklima»: Zum einen sollen durch Entsiegelung das Stadtklima abgekühlt, Grünflächen und Biodiversität gefördert und Freiräume für Natur geschaffen werden. Zum anderen attraktive Lebensräume für Menschen – insbesondere auch Jugendliche – gestaltet werden, die das Zusammenleben fördern. Die Jugendlichen sollen sich als Locationscouts auf die Suche nach Orten machen, die umgestaltet und aufgewertet werden können. «Architektur bedeutet, aus einem Ort einen Lebensraum zu schaffen», beschreibt Michael Rüegg seine Leidenschaft.

Locationscouting im Stadtraum

In vier Teams machen sich die Jugendlichen auf den Weg, suchen Orte mit Aufwertungs-Potential und dokumentieren diese auf einer interaktiven Karte. Im Foyer der Stadtbibliothek, der temporären Zweigstelle der «Futura Location Scout AG», werden die Fundstücke zusammengetragen, bevor die Locationscouts auf der Suche nach zubetonierten, grauen Ecken der Stadt erneut ausschwärmen. In Kürze kommen 32 «Spots» zusammen, die aus Sicht der Jugendlichen mehr Natur und Freundlichkeit vertragen. So könnte der Skaterpark in der Industriezone möbliert und mit Schattenplätzen ergänzt werden. Oder die Hälfte des Parkplatzes auf dem Tüchelweiher-Platz zugunsten einer Spielwiese aufgelöst und ein Schwimmteich installiert, der aus dem zubetonierten Stadtbach gespiesen werden könnte. «Es gibt viel zu tun», sind sich Chanelle Vazquez und Ainhoa Croci einig.

Visualisierungs-Techniken

Zurück im Lernhaus werden Umnutzungs- und Aufwertungs-Ideen mit verschiedenen Visualisierungs-Techniken veranschaulicht. Erste Skizzen, Modelle und Fotomontagen nehmen Gestalt an. Alisa Elsener und Chanelle Vazquez haben sich dem Bahnhof Jona angenommen, wo das Warten auf den Zug angenehmer gestaltet werden soll: «Eine bisher ungenutzte Dachfläche soll mit viel Grün, Springbrunnen und Café als Warte-Terrasse umgestaltet werden», wünscht sich Alisa Elsener, die mitten in der Altstadt von Rapperswil wohnt und sich an die graue, zubetonierte Umgebung gewöhnt hat. Die Beschäftigung mit dem Vorprojekt der «Green City Days» habe ihre Wahrnehmung geschärft und mache deutlich, wie wenig nötig wäre, die Stadt attraktiver und grüner zu machen.

Review mit dem Auftraggeber

Talent-Campus Zürichsee. Architekt Michael Rüegg macht sich vor Ort ein Bild über den Stand der Arbeiten. Spätestens jetzt wird den Jugendlichen klar, dass sich der Auftrag von einer Schulaufgabe unterscheidet und der Auftraggeber tatsächlich ein ernsthaftes Interesse an den Ideen der Jugendlichen hat. Nach dem Delphin-Prinzip sollen erste Lösungsansätze zu einem möglichst frühen Zeitpunkt aus der Perspektive des Auftraggebers auf deren Machbarkeit überprüft werden. Der Profi wandert von Team zu Team, nimmt Platz, lässt sich erste Entwürfe und Modelle zeigen, und bezieht auf sympathische, authentische Art Stellung. Neben der Wertschätzung der Zwischenergebnisse überprüft Michael Rüegg die eingeschlagene Richtung und gibt sachdienliche Hinweise, wo es sich lohnt, noch weiter zu investieren und wo nicht: Ausfahrten freihalten, die Verkehrssicherheit gewährleisten, anstehende Bauvorhaben berücksichtigen, Einschränkungen der Entsiegelung aufgrund einer Parkgarage bedenken etc.

Service Learning

Die Umnutzungspläne der Dachfläche beim Bahnhof Jona stossen beim Architekten sofort auf Resonanz. Die Idee, nicht nur Strassen und Plätze umzunutzen, sondern auch Dächer miteinzubeziehen, gefällt ihm. Gleichzeitig weist er darauf hin, sich über Wasseranschluss, Bepflanzung und Pflege der Terrasse Gedanken zu machen. Wertvolle Zusatzinformationen des Profis, welche die Ideen der Jugendlichen auf ein realistisches Niveau heben und verhindern sollen, dass sie ins Leere laufen. Alisa Elsener hofft denn auch darauf, dass ein Teil der Ideen umgesetzt werden kann. Was sie auf jeden Fall mitnimmt: Dinge anders zu betrachten, über den Rand hinaus zu denken und auch verrücktere Ideen zuzulassen. «Damit sind wichtige Ziele erreicht», sagt Regula Immler, die Leiterin der Future Skills Ausbildung, für die ein reales Projekt mit einem externen Auftraggeber ein Glücksfall ist. Ein typisches Service-Learning-Projekt, bei dem gesellschaftliches Engagement mit fachlichem Lernen kombiniert wird.