Komplizenschaft mit Stefan Heuss


Es heisst, er sei der seltsamste Erfinder der Schweiz, der selbst aus Schnee von gestern eine Maschine baut, wie sie die Welt noch nie gesehen hat: Stefan Heuss, Komiker und Erfinder von Beruf, bekannt geworden durch die Satire-Sendung „Giacobbo/Müller“ des Schweizer Fernsehens, und seit kurzem ausser­schulischer Experte am Talent-Campus Zürichsee.

WURMSBACH – Immer wieder machte er in den letzten Jahren mit abstrusen Erfindungen von sich reden, die inzwischen Kultstatus haben: sei dies mit einem hochtech­nisierten Kinderwagen mit automatischem Verdeck, Zentral­verriegelung und eingebautem Rüttler, der schreiende Babies dank Kinderwa­gen-Tuning einschlafen lässt; oder eineim „Robifrost-System“, das dazu dient, schock­gefrorenen Hundekot mechanisch aufzuheben, ohne sich dabei die Hände schmutzig zu machen. Genau der Richtige also, um die Jugendlichen des Talent-Campus Zürichsee bei der Ideenent­wicklung für Alltags­probleme der Stadt Rapperswil als ausser­schulischer Experte im Future Skills Bereich «Acting outside the Box» zu unterstützen.

Unbeabsichtigte Komik

Ende September ist der Spezialist für Alltags­probleme jeglicher Art zu Gast im neu eröffneten Talent-Campus. Im Gespräch mit Regula Immler, Leiterin der Future Skills Ausbildung, erzählt der gelernte Landschafts­gärtner von seinem ungewöhnlichen Werdegang. Eigentlich habe er nie Komiker werden wollen. Da ihn das Publikum aber selbst in ernsten Rollen lustig fand, ohne dass er lustig sein wollte, sei er unbeabsichtigt in die Komik und später in die Bühnen­technik gerutscht. In seinem heutigen Beruf als komischer Erfinder vereinen sich nun Komik, Handwerk und Technik in idealer Weise.

Lösung sucht Problem

Wie er denn auf all diese ausge­fallenen Ideen komme, wollen die Jugendlichen wissen. Stefan Heuss gesteht ein, dass diese ziemlich planfrei entstehen. Das Wichtigste sei, ein möglichst gutes, noch ungelöstes Problem zu finden, das viele Menschen beschäftige. Sobald ein Alltagsproblem identifiziert sei, könne es losgehen. Stefan Heuss schlendert durch Baumärkte und Brocken­häuser, findet dies und das. Und manchmal steht auch die Lösung am Ausgangs­punkt einer Erfindung, eine coole Bewegung einer elektrischen Fuchsschwanz-Säge beispielsweise, die noch auf der Suche nach einem Problem sei.

Meister im Zweckentfremden

Mitten im Gespräch geht der Kompressor des «Speedkillers 2000» an. Zeit, um ein paar Heuss’sche Erfindungen zum Besten zu geben. Der Meister im Zweckent­fremden von Alltagsgegen­ständen präsentiert Prototypen, die allesamt kurz vor der Markt­einführung stehen: vom sicheren Strassen­übergang für Schulkinder über ein Robifrost-System für Hundekot bis zum Baustellen-Massage­gerät für Selbstan­wender. Allen Erfin­dungen sei gemeinsam, dass sie zwar funktionieren, aber völlig unpraktisch und deshalb marktun­tauglich seien, gesteht Heuss mit einem Schmunzeln auf den Stockzähnen.

Zufällige Stimulation

Jetzt sind die Jugendlichen an der Reihe. In einem World Café wandern sie in kleinen Erfinder-Teams von Tisch zu Tisch und von Problem zu Problem. In einem mehrstufigen Prozess werden mittels verschiedenster Methoden erste Ideen­fragmente an die Oberfläche gespült. Als besonders wirksam erweist sich das Prinzip der zufälligen Stimulation: Gewürfelte Icons durchbrechen die gewohnten Denkmuster und ermöglichen das «Thinking outside the Box». Das Ergebnis sind überraschende Lösungs­varianten wie ein Waste-Basketball-Spiel mit einem Belohnungs-System gegen Littering, ein Steg in U-Form mit geschütztem Bade­bereich, oder ein leuchtender LED-Fussgänger­streifen, der alle Unklarheiten vor einer wider­sprüchlichen Ampel beseitigt.