WURMSBACH/PFÄFFIKON SZ – Vor einem Jahr hatte das Vögele Kultur Zentrum seine Wunschmaschine dem Talent-Campus Zürichsee (TCZ) vermacht. Bei der aktuellen Ausstellung zum Thema «Humor» kann sich der TCZ nun für das grosszügige Geschenk revanchieren: Jugendliche der Futura leisten mit Audio-Statements einen Beitrag zum Thema «Grenzen des Humors».
Vögele Kultur Zentrum, ein Tisch mitten in der neuen Ausstellung «Humor – geliebt, verpönt, gefürchtet». Drei Szenen aus dem Film «Fack ju Göhte 3» (2017) fordern Besucherinnen und Besucher dazu auf, über Grenzen des Humors nachzudenken. Darf man lachen, wenn ein etwas gar naiver Junge (Justin) vom Dach springt, um seine vermeintlichen Superkräfte unter Beweis zu stellen, und sich dabei verletzt, als er auf dem harten Boden der Realität landet? Darf man einen Jugendlichen (Danger) auslachen, wenn er von der Billettkontrolle übersprungen wird, weil er dermassen stinkt?
Politisch inkorrekte Szenen
Für solche Fragen und Diskussionen bietet der letzte Teil der Fack-ju-Göthe-Reihe reichlich Gesprächsstoff. Was für die ZEIT ein filmisches Meisterwerk und ein wertvoller Beitrag für die Bildungsdebatte ist, ist für andere Kritiker der schlechteste Film aller Zeiten, enthalte der Film doch viel zu viele Szenen, in denen sich der Zuschauer vor Peinlichkeit im Kinosessel winde, sein Humor liege irgendwo zwischen Herrenwitz und kindlicher Begeisterung für Körperfunktionen, heisst es in der Frankfurter Allgemeinen Woche.
Grenzen des Humors
Was Filmkritiker auf die Goldwaage legen, sehen Jugendliche entspannter. Lernende des Talent-Campus Zürichsee diente die Filmkomödie im Rahmen ihrer Future-Skills-Ausbildung als Ausgangspunkt, sich mit dem Potential und vor allem auch den Grenzen des Humors auseinanderzusetzen. Wann gehen Witze und Sprüche auf Kosten anderer? Wann werden Grenzen überschritten und vermeintlich harmlose Spässe zu Mobbing? Und wann geht der Spass ganz einfach zu weit?
Audio-Statements
Die Jugendlichen haben einzelne Szenen aus «Fack ju Göthe 3» unter die Lupe genommen und ihre subjektiven Einschätzungen als Audio-Statements auf dem Smartphone aufgezeichnet, die nun Teil der Ausstellung sind. Einiges, was im Film überzeichnet dargestellt ist und deshalb lustig wirkt, wäre im echten Leben nicht in Ordnung, sind sich die Jugendlichen einig: «In echt würde ich sofort helfen, wenn sich jemand verletzt, statt nur zu lachen, zu filmen oder Fotos machen», sagt Kim Portmann (16) in ihrem Audio-Statement.
Jugendgerechte Sensibilisierung
«Fack ju Göthe 3» biete eine jugendgerechte Form der Sensibilisierung, sagt Regula Immler, Leiterin Future Skills Ausbildung. Ausgewählte Antworten der Jugendlichen zur Frage, wo Humor aufhöre und Mobbing beginne: «Wenn man gemeinsam über andere lacht, die nicht mitlachen können. Wenn man sich konstant über eine Person lustig macht. Wenn eine Person über längere Zeit ausgeschlossen und schlecht behandelt wird.» Die Szenen aus dem Film lassen sich bestens mit eigenen Erfahrungen verbinden und Erkenntnisse für den eigenen Alltag gewinnen.
Interaktive Ausstellung
Die Ausstellung im Vögele Kultur Zentrum sei für Jugendliche ab der Oberstufe sehr zu empfehlen, sagt Regula Immler. Interaktive Stationen laden dazu ein, sich spielerisch mit dem Thema auseinanderzusetzen. Beim Lach-Automaten können verschiedene Lacharten ausgewählt, imitiert und an die kollektive Lachwand gehängt werden. An einem Touchscreen kann man sich dem Humor-Check unterziehen, indem man Witze auf einer Humorskala bewertet. Im Kulturatelier kann eine Memevorlage ausgewählt und mit einem eigenen Wortspiel ergänzt werden. Ein attraktiver Zugang zu verschiedenen Aspekten des Humors.
Humor als Resilienzfaktor
Die aktuelle Ausstellung im Vögele Kultur Zentrum orientiert sich an psychologischen und sozialen Funktionen des Humors: Humor als Waffe, als Ventil und als sozialer Kitt. Humor ist eine unterschätzte Ressource. Aus Future-Skills-Perspektive lässt sich eine zusätzliche Funktion des Humors ergänzen: der Humor als Resilienzfaktor.
Humor als Waffe «Lächeln ist die eleganteste Art, seinem Gegner die Zähne zu zeigen.» (Werner Finck) Humor kann als Waffe eingesetzt werden, um sich zu verteidigen, anzugreifen oder gegen bestehende Machtstrukturen zu wehren.
Humor als sozialer Kitt «Lachen ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Menschen.» (Victor Borge) Humor erleichtert es uns als soziales Schmiermittel, auf andere Menschen zuzugehen, neue Kontakte zu knüpfen und zu pflegen.
Humor als Ventil «Lachen ist die beste Medizin.» Lachen hilft, Spannungen abzubauen, den Stresspegel zu senken und das Immunsystem zu stärken.
Humor als Resilienzfaktor Der Humor ist eine Allzweckwaffe gegen die Widrigkeiten des Lebens: Humor hilft Perspektiven zu wechseln, schafft Distanz zu sich und zur Welt, setzt Glückshormone frei, fördert die Akzeptanz für das, was ist.
Wieso lachen wir? Philosophie des Humors | Philosophie | Bleisch & Bossart | SRF Kultur - YouTube (5’)
HUMOR – geliebt, verpönt, gefürchtet – voegelekultur.ch